Ein Weg zur datenzentrierten Medizin

Die Einführung radiologischer KI erfordert mehr als nur leistungsfähige Algorithmen.

Ihre Radiologie verfügt über eine Software zur besseren Behandlung des Schlaganfalls, eine KI zur Detektion von Lungenerkrankungen und womöglich über eine computergestützte Lösung zur Bestimmung der Atrophie im Rahmen einer klinikübergreifenden Langzeitstudie? Doch während diese Technologien vielversprechende Perspektiven bieten, stellt sich für die Datenwissenschaftlerin & KI-Expertin Hannah Syrek die zentrale Frage: Was sagt eigentlich Ihre IT-Abteilung dazu?

Vision trifft Realität – wo stehen wir wirklich? 

Die Einführung radiologischer KI erfordert mehr als nur leistungsfähige Algorithmen. Es geht um zugängliche Datenbestände, robuste IT-Infrastrukturen, standardisierte Schnittstellen – und vor allem um Experten, die sowohl die Sprache der Medizin als auch der IT sprechen. Diese Vision ist nicht neu. Dennoch bleibt die Umsetzung in der Praxis eine große Herausforderung.

„Um das Ziel einer datenzentrierten Medizin zu erreichen, müssen technologische Wertschöpfungsketten geschaffen werden, die sowohl in sektorenübergreifende Datenstrategien eingebettet sind als auch das tiefe Verständnis medizinischer Abläufe und die dabei entstehenden Daten integrieren“, sagt die Datenwissenschaftlerin & KI-Expertin Hannah Syrek. Doch wie nähern wir uns diesem Ziel in den kommenden Jahren?

Die radiologische Abteilung – zwischen Innovation und Alltag

Der Markt für KI-gestützte Lösungen wächst rasant. Viele radiologische Abteilungen versuchen, einen Überblick über die Vielfalt an Softwarelösungen zu gewinnen. Dieses Unterfangen kann schnell zu einem Fass ohne Boden werden. Zudem scheitert die Umsetzung oft nicht an fehlender Innovationsbereitschaft, sondern an Engpässen im Alltag – allen voran mangelndes Personal. 

Der Blick nach innen – die Systemlandschaft verstehen 

Bevor Datenflüsse optimiert und KI-Lösungen effizient eingebunden werden können, braucht es zunächst eine Bestandsaufnahme der bestehenden Systemlandschaft. Besonders in Universitätskliniken sind IT-Strukturen über Jahre hinweg organisch gewachsen.

„Ein kritischer Punkt ist die Zusammenarbeit mit der zentralen IT der Klinik. Während Radiologien spezifische Anforderungen haben, müssen zentrale IT-Abteilungen zahlreiche Klinikbereiche gleichzeitig betreuen. Nicht selten entstehen dadurch technische Schattenstrukturen – IT-Systeme, die an den zentralen Strukturen vorbeilaufen. Diese Schattenstrukturen können kurzfristig helfen, erzeugen aber langfristig hohe Wartungskosten, Sicherheitsrisiken und Schnittstellenprobleme“, erklärt die Gründerin und führt weiter aus: „Eine weitere zentrale Herausforderung ist die Heterogenität der Softwarelandschaft.

Während KI-Lösungen in Forschungsprojekten oder klinischen Studien noch in der Validierungsphase sind, arbeiten Kliniken parallel mit etablierten Medizinprodukten, die den MDR-Regularien entsprechen. “Unterschiedliche Entwicklungsstadien erfordern unterschiedliche Support- und Sicherheitskonzepte. Eine KI-Software innerhalb laufender Forschungsprojekte benötigt beispielsweise eine flexibel agierende IT-Umgebung, während für ein als Medizinprodukt zugelassenes und etabliertes System der First, Second oder Third-Level Support der jeweiligen Hersteller mit in Anspruch genommen werden kann. Die IT-Mitarbeiter müssen daher beides parallel bedienen und die Möglichkeit haben, zwischen einer zu validierenden Lösung und einem in der Versorgung etablierten System zu unterscheiden. 

Foto: Ein Weg zur datenzentrierten Medizin

Hannah Syrek, Geschäftsführerin der HS Operations GmbH, erklärt, warum wir in Sachen radiologischer KI auf dem richtigen Weg sind und warum der Blick nach innen den entscheidenden Vorteil bringt.

Multiprofessionelle Teams – die Herausforderung der Zusammenarbeit

Radiologische Abteilungen sind hochgradig interdisziplinär. Ärzteschaft, MTRs, Medizinphysiker, Medizininformatiker und Datenwissenschaftler – sie alle sprechen ihre eigene Fachsprache. Das führt zwangsläufig zu Missverständnissen. „Wir erleben es oft, dass ein technisches Problem geschildert wird, das sich im nächsten Schritt als organisatorische Herausforderung herausstellt. Hierbei ist das technische Problem, ein Problem, das durch fehlende Abstimmung entstanden ist“, berichtet Syrek aus ihrer Erfahrung in der Projektarbeit vor Ort. 

In diesen Fällen etablieren die Datenwissenschaftlerin und ihr Team zunächst neue Kommunikationsstrukturen, um den Austausch zwischen den Disziplinen zu fördern und IT- sowie medizinische Anforderungen besser aufeinander abzustimmen. 

Das Verständnis des medizinischen Alltags – ein unterschätzter Erfolgsfaktor?

Der medizinische Alltag ist von festen Gewohnheiten und Routinen geprägt – und das aus gutem Grund. Sie dienen unter anderem der Patientensicherheit und der Qualitätssicherung. Neue Softwarelösungen müssen sich in diese Abläufe intuitiv einfügen, um Akzeptanz zu finden. 

Hannah Syrek beobachtet oft, dass Systeme nicht in vollem Umfang genutzt werden: „Das liegt nicht immer an fehlender Schulung, sondern daran, dass Nutzer pragmatisch die Funktionen verwenden, die sie kennen oder die reibungslos ohne Verzögerung funktionieren. Softwarehersteller können also die Denk- und Arbeitsweise des medizinischen Personals noch stärker in ihre Entwicklungsprozesse integrieren.“ 

Ohne Strategie keine datenzentrierte Medizin

Bereits mit dem Erstellen einer Übersicht der Systemlandschaft und einem grundlegenden Rollenverständnis innerhalb des Teams der Abteilung, könne sie feststellen, dass sich zuvor bestehende Engpässe auflösen oder verändern. Am Beispiel des Personalmangels lässt sich festhalten, dass zuvor ausgeschriebene Stellen nicht benötigt werden, oder die gesuchte Position eigentlich eine ganz andere ist. 

Darüber hinaus, so die Geschäftsführerin, können regelmäßige Workshops und Schulungen helfen, technologische Akzeptanz zu fördern. Diese Formate ermöglichen es, Gewohnheiten schrittweise zu technologisieren und gleichzeitig wertvolles Nutzerfeedback für die Weiterentwicklung der Softwarelösungen zu sammeln. 

Das Team von HS Operations um Hannah Syrek ist davon überzeugt, dass der Weg zur datenzentrierten Medizin kein Sprint ist, sondern ein Marathon. Die Implementierung radiologischer KI erfordert klare Strategien, interdisziplinäre Zusammenarbeit und eine nachhaltige Integration in bestehende IT-Strukturen. Entscheidend ist es, die Realität vor Ort zu verstehen und Lösungen zu entwickeln, die den Alltag erleichtern, statt ihn komplizierter zu machen.


http://www.hsoperations.de

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