Diversität - Digitalisierung - Diagnose

Im Gespräch mit Guido Gebhardt: Susanne Schlagl ist seit Juli vergangenen Jahres Geschäftsführerin bei GE HealthCare Deutschland.

Susanne Schlagl ist seit Juli vergangenen Jahres Geschäftsführerin bei GE HealthCare Deutschland. Im Gespräch mit Guido Gebhardt erklärt sie, dass die Zukunft des Gesundheitswesens, zumindest für den globalen sechstgrößten Hersteller von Medizinprodukten der Branche, digital ist. Außerdem ist sie bestrebt, eine inklusive Kultur zu fördern, in der sich jeder befähigt fühlt, seine beste Arbeit zu leisten, weil er sich akzeptiert, respektiert und zugehörig fühlt.

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Sie sind nun seit einigen Monaten in Ihrer Position. Welche Entwicklungen sehen Sie für GE HealthCare in der DACH-Region?

In Deutschland sind wir stolz darauf, seit mehr als 50 Jahren unsere Kundinnen und Kunden zu bedienen, und kürzlich wurde Deutschland als eigenständiger Markt innerhalb des Unternehmens etabliert. Das liegt daran, dass Deutschland den größten europäischen Markt mit erheblichem Wachstumspotenzial darstellt. Unsere Schwerpunkte liegen in der Medizintechnik, digitalen Lösungen und pharmazeutischer Diagnostik. Diese Bereiche verzahnen sich zunehmend, um die Patientenversorgung effizienter zu gestalten. Besonders im Bereich der Digitalisierung und KI-gestützten Anwendungen sehen wir enorme Möglichkeiten, die Effizienz und Genauigkeit in der Diagnostik zu steigern. Zudem setzen wir verstärkt auf strategische Partnerschaften mit Universitäten und Kliniken, um innovative Lösungen gemeinsam zu entwickeln und in die klinische Praxis zu überführen. 

Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell in der Radiologie?

Die alternde Bevölkerung führt zu einer steigenden Zahl an Patientinnen und Patienten. Gleichzeitig verschärft sich der Fachkräftemangel. Radiologische Fachkräfte stehen unter enormem Druck, weshalb wir innovative Workflow-Lösungen, KI-Unterstützung und IT-gestützte Prozesse vorantreiben. Durch den hohen Arbeitsaufwand bleibt oft zu wenig Zeit für die individuelle Patientenbetreuung. Hier setzen wir mit digitalen Assistenzsystemen an, die die Bildanalyse und Berichterstellung erleichtern. Ein weiteres Problem ist die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Praxen, insbesondere in Bezug auf Datenschutz und technische Schnittstellen. Die geplanten Krankenhausreformen mit Spezialisierung und Bildung von Kompetenzzentren können nur erfolgreich sein, wenn Prozesse und Datenflüsse nahtlos ineinandergreifen. Ebenso spielt die Erstattungspolitik eine entscheidende Rolle, da sich Änderungen in der Abrechnung direkt auf Investitionen und Weiterentwicklungen in der Radiologie auswirken. 

Wo sehen Sie die größten Wachstumschancen für GE HealthCare?

Die personalisierte Medizin ist ein zentraler Wachstumsbereich. Besonders die Nuklearmedizin bietet enormes Potenzial. In Essen haben wir eine umfassende Lösung für die Theranostik installiert, die von Tracern bis zur Diagnostik reicht. Die Kombination aus hochauflösender Bildgebung, KI-gestützten Analyseverfahren und spezifischen Therapieansätzen ermöglicht eine präzisere Diagnostik und zielgerichtete Behandlung. Auch die Kardiologie entwickelt sich dynamisch, besonders durch Fortschritte in der Erstattung. KI ist ebenfalls ein Schlüsselthema: GE HealthCare verfügt über die größte Anzahl an FDA-zugelassenen KI-Lösungen. Ein Beispiel ist die KI-gestützte Ultraschalldiagnostik mit Caption Health, die auch weniger erfahrenen Anwendern eine präzise Bildgebung ermöglicht. Zudem gewinnen datengetriebene Lösungen wie die GE Command Centers an Bedeutung, die durch intelligente Vernetzung klinischer Abläufe die Effizienz in Krankenhäusern steigern.

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GE HealthCare hat Deutschland aufgrund seines Wachstumspotentials in Europa als eigenständigen Markt anerkannt. Im Fokus stehen Medizintechnik, digitale Lösungen und pharmazeutische Diagnostik.

Wie entwickelt sich die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und der niedergelassenen Radiologie?

Die Konsolidierung in der niedergelassenen Radiologie schreitet voran. Private Equity-Investoren spielen hier eine wachsende Rolle, was nicht zwingend negativ zu bewerten ist. Vielmehr entstehen Synergien zwischen privat geführten Einrichtungen und öffentlichen Krankenhäusern. Die größte Herausforderung bleibt die Interoperabilität der IT-Systeme, um Patienteninformationen nahtlos auszutauschen. Eine effiziente Verzahnung der ambulanten und stationären Versorgung ist essenziell, um Patienten durchgängig betreuen zu können. 

Wie unterscheidet sich der Gesundheitsmarkt in Deutschland, Österreich und der Schweiz?

Alle drei Länder zeichnen sich durch eine starke Innovationskraft aus, haben jedoch unterschiedliche regulatorische und erstattungsrechtliche Rahmenbedingungen. Deutschland hat den größten Markt mit einer breiten Gesundheitsinfrastruktur, während die Schweiz und Österreich kleiner, aber technologisch hochentwickelt sind. Politisch rücken die Länder enger zusammen, insbesondere in der Verbandsarbeit. Die Digitalisierung schreitet in der Schweiz besonders schnell voran, während Deutschland noch mit strukturellen Herausforderungen kämpft. Trotz der Unterschiede gibt es viele Gemeinsamkeiten, insbesondere das Bestreben, die medizinische Versorgung weiter zu optimieren und den Zugang zu modernen Technologien zu verbessern. 

Welche Entwicklungen sehen Sie in der universitären Radiologie?

In Deutschland beobachten wir einen Generationenwechsel in der universitären Radiologie. Viele junge Fachkräfte mit frischen Ideen übernehmen leitende Positionen und treiben Innovationen voran. Das steigende Interesse an Themen wie KI und Digitalisierung spiegelt sich auch in Forschungsprojekten wider, z. B. in der MRT-Forschung in München oder der Demenzforschung mit MR-Biomarkern. Es ist entscheidend, dass die kommenden Generationen frühzeitig in den Entwicklungsprozess neuer Technologien eingebunden werden, um deren Potenzial voll auszuschöpfen. 

Was schätzen Sie an Ihrer aktuellen Position besonders?

Besonders spannend finde ich die Vielseitigkeit meiner Aufgaben. Neben strategischen und wirtschaftlichen Themen ist mir der Fokus auf Mitarbeiterentwicklung wichtig. GE HealthCare unterstützt eine Kultur der Zugehörigkeit und Inklusion für alle, um Innovationen voranzutreiben und unsere Geschäftsziele zu erreichen. Wir sind stolz auf die Arbeit unserer Kollegen, die sie für Kunden, Patienten und Interessengruppen leisten. Zudem ist die enge Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen und Krankenhäusern eine große Motivation, da wir direkt an der Verbesserung der Patientenversorgung arbeiten. Das Zusammenspiel aus technologischen Innovationen, strategischer Entwicklung und menschlichem Engagement macht diese Position für mich besonders wertvoll. 


Susanne Schlagl verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in Management und Marketing bei global tätigen Unternehmen. Ihre berufliche Laufbahn umfasst bedeutende Rollen bei General Electric (GE) und GE HealthCare, als es noch eine Geschäftseinheit von GE war. 

Seit 2017 ist sie Mitglied des Hochschulrats der Hochschule Neu-Ulm, einer internationalen Business School mit den Schwerpunkten Innovation, nachhaltiges Unternehmertum und digitale Transformation.

Neben ihrer beruflichen Tätigkeit engagiert sich Susanne Schlagl aktiv als Mentorin für angehende Führungskräfte und Studierende. Sie unterstützt insbesondere Frauen in MINT-Berufen und war unter anderem im Bayern Mentoring-Programm aktiv. Ihre akademische Ausbildung umfasst ein Diplom in Medizinischer Dokumentation und Informatik von der Technischen Hochschule Ulm sowie eine Ausbildung an der Akademie für pharmazeutisch-technische Assistenten in Augsburg.

In ihrer Freizeit verbringt sie gerne Zeit mit ihrer Familie und unternimmt ausgedehnte Spaziergänge, um den Kopf freizubekommen. Sie ist ein echter Foodie und genießt es, neue kulinarische Entdeckungen zu machen. Beim Lesen entspannt sie am liebsten mit Krimis deutscher Autoren. 

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