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Eine der ersten Sessions des diesjährigen ECR befasste sich mit der Immuntherapie in der Krebsbehandlung. Den Anfang machte Ahmed Ba-Ssalamah, Associate Prof. Dr. an der Medical University of Vienna. In seinem Vortrag „Immunotherapy: primers for radiologists“ bot er einen umfassenden Überblick über die Rolle der Immuntherapie in der Krebsbehandlung und deren Bewertung durch Bildgebungsverfahren, wobei er die Mechanismen der Immuntherapie und ihre Auswirkungen auf Krebszellen erklärte. Bei dieser Art der Krebstherapie wird das eigene Immunsystem der Patienten genutzt, um selektiv Krebszellen zu eliminieren. Ein weiterer Vorteil der Therapie besteht darin, dass dadurch eine anhaltende „Memory Response“ erzielt wird. „Das ist eine Gedächtnisreaktion, d. h. selbst wenn man die Immuntherapie abbricht, bleiben die Antikörper erhalten und erkennen, dass es sich um Krebszellen handelt und töten sie ab“, erklärte Ba-Ssalamah hervor.

Ahmed Ba-Ssalamah, Associate Prof. Dr. an der Medical University of Vienna

Neben diesen Vorteilen stößt die morphologische Beurteilung der Immuntherapie allerdings auch auf Herausforderungen. So muss eine gewisse Zeitspanne einkalkuliert werden, die die Therapie benötigt, um ihre Wirkung zu entfalten. In der Folge führt das zwar zu einer verzögerten aber immerhin zu einer andauernden Antwort. Ba-Ssalamah konstatierte damit einen Paradigmenwechsel in der Krebsbehandlung, und zwar weg von der traditionellen Herangehensweise hin zur Nutzung des körpereigenen Immunsystems zur selektiven Bekämpfung von Krebszellen. Dennoch, so betonte Ba-Ssalamah besteht die Notwendigkeit, neue und untypische Reaktionsmuster sowie die Grenzen der morphologischen Beurteilung stets im Blick zu behalten.

Neuer Ansatz in der Beurteilung der Immuntherapie

Im Anschluss an Ba-Ssalamahs Ausführungen befasste sich Prof. Evis Sala, Professor of Radiology, Università Cattolica del Sacro Cuore and Director, Advanced Radiodiagnostics Centre, Fondazione Policlinico Universitario Agostino Gemelli IRCCS in Ihrem Beitrag „Assessing immunotherapy response with functional imaging and radiomics“ mit der Rolle von bildgebenden Verfahren in der Beurteilung von Immuntherapieantworten bei Krebspatienten.
Sie stellte fest, dass herkömmliche Bewertungskriterien immer wieder an ihre Grenzen stoßen, weil diese die einzigartigen Reaktionsmuster der Immuntherapie nicht adäquat erfassen. Aus diesem Grund gewinnen funktionelle Bildgebungstechniken wie MRT und PET-Scans zunehmend an Bedeutung, denn sie ermöglichen eine genauere Darstellung der komplexen Wechselwirkungen zwischen Immuntherapie und Tumorzellen. Das gilt besonders auf die Heterogenität von Tumoren.

Untersuchungen zeigten, dass sich die Immunumgebung von den herkömmlichen Tumorparametern unterscheidet. „Es stellte sich heraus, dass die Expression von CD8-Zellen in der TCG-Kohorte ein stärkerer unabhängiger prognostischer Faktor war“, so Sala. Sie verwies zudem auf die Komplexität der Tumor-Mikroumgebung. Sala betonte: „Es gibt eine Koexistenz mehrerer Tumor-Mikroumgebungen. Deren Komplexität kann wiederum durch den Einsatz funktionelle Bildgebung und Radiomics sichtbar gemacht werden.“

Prof. Evis Sala, Professor of Radiology, Università Cattolica del Sacro Cuore and Director, Advanced Radiodiagnostics Centre, Fondazione Policlinico Universitario Agostino Gemelli IRCCS

Radiomics verbindet Bildmerkmale mit genetischen Markern und verspricht eine verbesserte Vorhersage von Behandlungsergebnissen – mit vielen positiven Effekten. So erleichtert die Methode die Planung einer personalisierten Behandlung und erhöht die Effektivität der Therapie. Die Kombination von Bildgebung und Biopsiedaten eröffnet zudem neue Wege für eine präzisere und umfassendere Bewertung der Immuntherapieantwort. Diese Integration hat Auswirkungen auf die Rolle der Radiologie in der multidisziplinären Behandlung von Krebspatienten, denn sie wird dadurch gestärkt. Salas Schlussfolgerung: Für eine präzise Bewertung der Immuntherapieantwort sind ein tieferes Verständnis der Immunumgebung und eine integrative Anwendung von bildgebenden Verfahren notwendig.

Die Nebenwirkungen der Immuntherapie

Abschließend erläuterte Prof. Sandra Baleato-González. Department of Radiology Complexo Hospitalario Universitario de Santiago de Compostela, Santiago de Compostela, Spain, in ihrem Vortrag „Imaging Appearances of Immunotherapy Adverse Effects“ die Nebenwirkungen der Immuntherapie und deren bildgebende Darstellung. Baleato-González verwies auf Untersuchungen, die davon ausgehen, dass zehn bis 30 Prozent der Patienten Nebenwirkungen entwickeln. Dabei bleiben die genauen Gründe dafür unklar sind. „Diese unerwünschten Wirkungen sind jedoch leicht zu behandeln oder zu handhaben und können jedes System und jedes Gewebe zu jeder Zeit betreffen“, so Baleato-González.

Prof. Sandra Baleato-González. Department of Radiology Complexo Hospitalario Universitario de Santiago de Compostela, Santiago de Compostela, Spain

Besonders zu beachten sind spezielle Nebenwirkungen wie kardiale Toxizitäten (z.B. Myokarditis nach Pembrolizumab) und immunvermittelte Reaktionen wie Nierenverletzungen oder strahlungsinduzierte Pneumonitis. Baleato-González unterstrich die Notwendigkeit, die Nebenwirkungen sehr gut zu kennen und zu verstehen. Darüber hinaus sei für eine optimale Patientenversorgung die genaue Überwachung dieser Nebenwirkungen wichtig.

Die Session zeigte auf, dass die Immuntherapie einerseits einen Paradigmenwechsel in der Krebsbehandlung markiert und vielversprechende Vorteile bietet. Andererseits stellt sie auch neue Herausforderungen für die Bildgebung dar. Während die Therapie das Potenzial hat, die Krebsbehandlung zu revolutionieren, müssen Radiologen sich der spezifischen Nebenwirkungen und der Notwendigkeit einer differenzierten Bewertung bewusst sein. Ein tiefes Verständnis der Immuntherapie und ihrer Effekte ist entscheidend, um eine präzise Diagnose und optimale Patientenversorgung zu gewährleisten.