Auf dem diesjährigen ECR 2024 kam niemand an KI vorbei. Ein Aspekt dabei, der in letzter Zeit auch zunehmend Raum in der Öffentlichkeit eingenommen hat, sind Large Language Modelle (LLM). In Bezug auf die Radiologie stellt sich die Frage, wie sich dies in die ärztliche Arbeit integrieren lässt und welche Rolle sie künftig spielen könnten. Diesen und ähnlichen Fragen widmete sich die Session „Large language models (LLM), Chatbots, And The Next Generation of Texts in Radiology“.
Ein wichtiger Bestandteil der radiologischen Arbeit ist das Reporting. Prof. Dr. Philippe Puech, Professor of Radiology am Lille University Hospital – Cité(e), befasste sich in seinem Redebeitrag „The future of reporting and documentation“ mit der Zukunft der radiologischen Befunde und deren Kommunikation. Damit sprach er ein aktuelles Problem an, denn derzeit sind radiologische Befunde oft freitextbasiert und nicht standardisiert, was zu Datenverlusten und in der Folge zu mangelhafter Informationsweitergabe führt. „Der größte Nachteil ist, dass relevante Daten im Lärm der Poesie verloren gehen und manchmal fehlen. Und das Schlimmste ist, dass man nicht schnell überprüfen kann, ob Informationen fehlen“, klagte Puech.
Zur Verbesserung dieser Situation schlug er daher vor, strukturierte Berichte einzuführen sowie den Einsatz von IT-Unterstützung bei der Befunderstellung voranzutreiben. „Die Zukunft der Bildinterpretation liegt in der Datenstrukturierung. KI verändert die heutige Praxis und kann die Interpretation in der Krankenhaus-Radiologie und/oder allen Informationssystemen dramatisch verbessern“, so Puechs Fazit.
LLMs für das Training von Radiologen
Die folgenden zwei Vorträge wandten den Blick auf die akademische Welt, insbesondere auf das Unterrichten und das akademische Schreiben. Der vorangegangene Beitrag zeigte bereits auf, dass LLMs besonders im Bereich der Textproduktion eine große Unterstützung sein können. Dies stellt jedoch auch das Ausbildungssystem vor Herausforderungen, denn es muss sich anpassen. Prof. Dr. Laura Oleagas Vortrag „The Future of Teaching and Testing Radiology Residents“ ging inhaltlich in ebenjene Richtung.
Oleaga, PhD, Chair of Radiology am Hospital Clinic Barcelona in Spanien, referierte zum Thema Ausbildung und Prüfung von Radiologieassistenten in einer sich schnell verändernden technologischen Landschaft. Sie sprach sich für eine Modernisierung der Ausbildung aus, mit dem Ziel, künstliche Intelligenz und andere neue Lernwerkzeuge zu integrieren. Dabei müsse jedoch darauf geachtet werden, dass sowohl Lehrkräfte als auch Auszubildende diese Technologien verstehen und nutzen, betonte die Radiologin.
Inzwischen spielt die Verwendung von KI-gestützten Lernplattformen, Simulationen, virtueller Realität und elektronischen Plattformen in der Ausbildung eine wichtige Rolle und bieten viele Vorteile. So ermöglichen sie personalisiertes Lernen, die interaktive Untersuchung von Fallstudien und geben sofortiges Feedback. Nach Oleagas Ansicht darf die Nutzung neuer Technologien allerdings nicht dazu führen, dass nicht-technische Fähigkeiten wie Patienteninteraktion und ethische Entscheidungsfindung vernachlässigt werden.
Die europäische Ausbildungsordnung hat KI-Aspekte in den Lehrplan aufgenommen, und die Zertifizierung setzt ein Verständnis und eine Anwendung dieser Technologien voraus. Insgesamt unterstrich Oleaga die Vorteile von KI in der Ausbildung zukünftiger Radiologen und sieht eine generelle Notwendigkeit, diese Neuerungen anzunehmen, um in der Gesundheitsversorgung führend zu sein: „Die Entwicklung der radiologischen Ausbildung ist keine Reaktion auf Veränderungen, sondern bietet die Gelegenheit, Innovationen aufzugreifen und im Gesundheitswesen eine führende Rolle einzunehmen.“
Kritischen Blick nicht verlieren
Im letzten Beitrag der Session „AI Apps for Academic Writing: If, When, and How to Use It“ untersuchte Dr. Nicholas Landini von der Poliklinik Umberto I, „Sapienza“-Universität, Rom, Italien, die Vor- und Nachteile des Einsatzes von KI-Anwendungen im akademischen Schreiben. Er legte den Fokus auf praktische Einsatzszenarien von KI-Tools wie Large Language Models zur Generierung von Texten, zur Erstellung von Literaturübersichten sowie zur Datenanalyse. „Wir haben sicherlich einige Vorteile bei der Verwendung von LLMs. Sie ermöglichen Zeitersparnis, bieten alternative Perspektiven und können natürlich unser Englisch für Nicht-Muttersprachler verbessern“, so seine Einschätzung.
Gleichzeitig wies Landini auf Herausforderungen bei der Nutzung von KI-Tools hin. So müsse die Aktualität der Informationen überprüft werden, ebenso wie die Zuverlässigkeit der Informationen. Als weitere mögliche Probleme nannte er Vorurteile, Mangel an Originalität und ethische Bedenken. Landinis Rat lautete: „Übe stets kritisches Denken, überprüfe generierte Inhalte und gib den ursprünglichen Quellen die gebührende Anerkennung, um die akademische Integrität zu wahren.“