Präzision trifft Innovation

Die gezielte Verbindung von Diagnose und Therapie auf molekularer Ebene hat sich zu einem klinischen Erfolgsmodell entwickelt.

Präzision trifft Innovation

Wie Radiopharmazie und KI die Theranostik transformieren

Die Theranostik – also die gezielte Ver-bindung von Diagnose und Therapie auf molekularer Ebene – hat sich in den vergangenen Jahren von einer visionären Idee zu einem klinischen Erfolgsmodell entwickelt. Besonders in der Onkologie ermöglicht sie patientenindividuelle Strategien, bei denen bildgebende Verfahren wie PET und SPECT präzise mit therapeutischen Interventionen verknüpft werden.

Zwei Entwicklungen beschleunigen diesen Fortschritt aktuell besonders: die rasante Weiterentwicklung der Radiopharmazie und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Radiopharmazeutika sind der Schlüssel zur Theranostik. Sie bestehen in der Regel aus einem Trägermolekül, das gezielt an Tumorzellen bindet, und einem radioaktiven Isotop, das entweder diagnostisch (z. B. PET-Tracer) oder therapeutisch (z. B. Radionuklidtherapie) wirkt.

In den letzten Jahren wurden zahlreiche neue Liganden entwickelt, die gezielt bestimmte Tumorstrukturen adressieren – etwa PSMA bei Prostatakarzinomen, Somatostatinrezeptoren bei neuroendokrinen Tumoren oder CXCR4 bei hämatologischen Neoplasien.

Alpha- vs. Beta-Emitter


Eigenschaft
Alpha-Emitter
Beta-Emitter
Strahlungstyp
Schwer, hochenergetisch, kurze Reichweite
Leicht, geringer Energieverlust, längere Reichweite
Reichweite im Gewebe
50 – 100 Mikrometer 
0,5–12 Millimeter
Zytotoxische WirkungSehr hoch (dichte Ionisation)Mittel (geringere Energiedeposition)
PräzisionSehr zielgerichtet (kaum um - liegendes Gewebe betroffen)Wirkt auch auf angrenzendes Gewebe
BeispieleActinium-225 · Bismut-213Lutetium-177 · Yttrium-90
EinsatzgebietKleine, disseminierte Tumorherde oder minimaler ResttumorSolide Tumore mit größerem Volumen
Verfügbarkeit
 (Noch) eingeschränkt, komplexe Herstellung
Klinisch etabliert, besser verfügbar


Alpha-Emitter gelten als besonders vielversprechend für therapierefraktäre oder minimalresiduale Tumorerkrankungen.

Die Grundlage für gezielte Therapien

Besonders bemerkenswert ist der Trend zur Verwendung von Alpha-Strahlern wie Actinium-225 oder Bismut-213. Sie verfügen über eine kurze Reichweite, aber hohe zytotoxische Wirkung – ideal, um Tumorzellen gezielt zu zerstören und umliegendes Gewebe zu schonen.

Parallel schreitet auch die Entwicklung sogenannter Theranostik-Ready-Substanzen voran – also Liganden, die sowohl für die Diagnostik als auch für die Therapie geeignet sind, z. B. Gallium-68 und Lutetium-177 Varianten desselben Moleküls. Die verbesserte radiopharmazeutische Dosimetrie erlaubt eine exakte Anpassung der Strahlendosis an individuelle Tumorlast und Patientenparameter – ein Schritt hin zur echten personalisierbaren Nuklearmedizin.

Gezielte Diagnose und Therapie in einem Schritt: Theranostik verbindet...
Gezielte Diagnose und Therapie in einem Schritt: Theranostik verbindet molekulare Bildgebung mit personalisierter Behandlung.

KI: Von der Bildanalyse zur Therapieplanung

Parallel dazu hält Künstliche Intelligenz (KI) zunehmend Einzug in die Theranostik. Ihr Potenzial liegt vor allem in der Fähigkeit, große Datenmengen aus multimodaler Bildgebung, Labordiagnostik und klinischen Informationen effizient zu analysieren und in Entscheidungsprozesse zu integrieren. Ein zentrales Einsatzgebiet ist die Radiomics, bei der KI systematisch bildbasierte Merkmale extrahiert, die weit über das hinausgehen, was das menschliche Auge erfassen kann. So lassen sich etwa Tumorheterogenität, Therapieresistenz oder Rezidivrisiko präziser vorhersagen.

KI-gestützte Segmentierungstools ermöglichen darüber hinaus eine automatisierte Volumetrie von Tumorarealen, was für Dosimetrie und Therapieplanung essenziell ist. Auch bei der Vorhersage des Therapieansprechens spielt KI eine zunehmend wichtige Rolle. Mithilfe von Deep-Learning können Patienten identifiziert werden, die besonders gut auf radioligandengestützte Therapien ansprechen – oder eben nicht, was hilft, Ressourcen zu schonen und Nebenwirkungen zu vermeiden.

Nicht zuletzt sorgt KI für eine Workflow-Optimierung: Sie automatisiert Routineaufgaben wie Dosisberechnung oder Bildnachverarbeitung und entlastet damit das medizinische Personal – ein nicht zu unterschätzender Faktor angesichts wachsender Fallzahlen und Fachkräftemangel.

Die Theranostik der Zukunft ist smart und präzise

Die Kombination aus fortschrittlicher Radiopharmazie und intelligenter Datenauswertung hebt die Theranostik auf ein neues Niveau. Sie erlaubt nicht nur eine präzisere, sondern auch eine schnellere und effizientere Patientenversorgung. Die Zukunft der Nuklearmedizin wird datengetrieben, individualisiert – und durch KI gesteuert. 

Weitere Beiträge zum Thema
Beliebte Beiträge