KI in der Mammographie: Brustkrebs früher erkennen
Diverse Studien haben in den letzten Jahren gezeigt, dass die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in die Mammographie die Brustkrebsdiagnostik verbessern und die Arbeitsbelastung von Radiologen reduzieren kann. Die Frage, ob der Doppelbefund durch KI ersetzt werden kann, wird jedoch weiterhin kontrovers diskutiert.
Die schwedische MASAI-Studie¹ mit mehr als 105.000 Frauen hat gezeigt, dass die Detektionsrate von Brustkrebs mit KI um 29 % erhöht werden kann, ohne dabei die Rate falsch-positiver Befunde zu steigern. In der Studie kam die Soft ware Transpara von ScreenPoint Medical zum Einsatz. Sie führte zu einer Reduktion der Befundungszeit um 44 %, da die Doppelbefundungen reduziert werden konnten. Möglich wurde das durch eine Triagierung der Mammographien nach Risikowahrscheinlichkeit. Scans mit niedrigem Risiko wurden nur von einem Radiologen befundet, während Hochrisikoscans weiterhin eine Doppelbefundung erhielten. Obwohl die Ergebnisse der MASAI-Studie dar-auf hindeuten, dass der Doppelbefund durch KI ersetzt werden kann, betonen die Studienautoren, dass die finale Entscheidung stets bei den Radiologen lag, um medizinisch-rechtliche Anforderungen zu erfüllen. Daher kann KI aktuell noch nicht Radiologen ersetzen, sondern sollte vielmehr als Assistenzsystem gesehen werden. In Zukunft könnte die Automatisierung bestimmter Prozesse jedoch dazu führen, dass die Rolle des Doppelbefunds neu bewertet wird.
PRAIM-Studie in Deutschland
Die in Deutschland durchgeführte PRAIM-Studie² untersuchte ebenfalls den Einsatz von KI im Mammographie-Screening-Programm anhand von Daten von über 460.000 Frauen. Hier kam die Software VARA von Merantix Healthcare zum Einsatz. Sie ist die erste CE-zertifizierte KI-Software Deutschlands zur Verbesse-ung der Brustkrebsvorsorge. Die Ergebnisse zeigten, dass durch den Einsatz der KI die Entdeckungsrate für Brustkrebs um fast 18 % gesteigert werden konnte, ohne dass es zu vermehrten falsch-positiven Befunden oder unnötigen Zusatzuntersuchungen kam. Zudem belegte die Studie, dass KI die Arbeitslast von Radiologen erheblich reduzieren kann, indem sie Mammographien mit geringem Risiko zuverlässig als unauffällig klassifiziert.
ScreenTrustCAD-Studie
Die prospektive ScreenTrustCAD-Studie³ untersuchte 55.581 Frauen im Capio St Göran Hospital in Schweden und ist die weltweit erste groß angelegte, bevölkerungsbasierte Studie, die Künstliche Intelligenz (KI) als unabhängigen Befunden im Mammographie-Screening einsetzt. Die Studie verglich die traditionelle Doppelbefundung durch zwei Radiologen mit dem Einsatz der KI-Software Lunit INSIGHT MMG als Ersatz für einen der beiden Befunde. Das Ergebnis: Die KI konnte die Arbeitsbelastung der Radiologen um 36 % senken und gleichzeitig die Effizienz des Screenings steigern.Die Krebsentdeckungsrate lag mit KI sogar leicht höher (5,5 pro 1.000) als bei zwei Radiologen (4,5 pro 1.000), während die Rückrufrate – also unnötige Nachuntersuchungen – auf 2,5 % sank.
Retrospektive Analysen und ein einjähriger Real-World-Follow-up zeigten, dass die Einführung der KI nicht nur die Wartezeiten für Patientinnen auf null reduzierte, sondern auch die Detektionsrate klinisch relevanter Tumoren erhöhte. Interessant ist zudem, dass die KI besonders bei Fällen mit höherem Krebsrisiko punktete, die von Radiologen allein häufiger übersehen wurden. Die Studie macht deutlich, dass KI-basierte Systeme nicht nur die Effizienz und Qualität des Screenings verbessern, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung des Radiologen-Mangels leisten können.
Hürden
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse scheitert die vollständige Implementierung von KI im Mammographie-Screening aktuell noch insbesondere an regulatorischen und ethischen Fragen. Die Systeme müssen so konzipiert sein, dass die Entscheidungen nachvollziehbar und interpretierbar sind. Auch die Integration in bestehende Arbeitsabläufe und PACS-Systeme ist ein wichtiger Punkt.
Genauso wichtig ist die Akzeptanz der Radiologen gegenüber KI-gestützten Befundungssystemen. Während einige Fachleute die Technologie als wertvolles Hilfsmittel zur Arbeitsentlastung und Qualitätssteigerung betrachten, gibt es auch Skepsis gegenüber einer zu starken Abhängigkeit von automatisierten Systemen. Langfristige Studien zur Patientensicherheit und die kontinuierliche Validierung der Algorithmen sind daher essenziell, um das Vertrauen in die Technologie zu stärken.
Sonja Buske
Quellen
¹ Lång, K., Svane, G., Timberg, P., Zackrisson, S., & Dustler, M. (2023). Artificial intelligence-supported screen reading versus standard double reading in mammography screening: a randomised controlled trial. The Lancet Oncology, 24(8), 987-997.
² Katalinic, A., Heidinger, O., Waldmann, A., & Bunk, S. (2025). Nationwide real-world implementation of AI for cancer detection in mammography screening. Nature Medicine, 31(1), 123-130.
³ Dembrower, K., Crippa, A., Colón, E., Eklund, M., Strand, F., & ScreenTrustCAD Trial Consortium. (2023). Artificial intelligence for breast cancer detection in screening mammography in Sweden: a prospective, population-based, paired-reader, non-inferiority study. The Lancet Digital Health, 5(10), e703–e711.
