Im Interview mit Guido Gebhardt sprechen die Kongresspräsidenten des Röntgenkongress 2025, Prof. Dr. Martin Mack, Gesellschafter Radiologie-München GbR, und Prof. Dr. Michael Uder, Direktor des Radiologischen Instituts am Uniklinikum Erlangen, über die übergreifenden Schwerpunktthemen „Neue Arbeit“ und „Radiologie in Klinik und Praxis“. Schon heute ermöglicht die Radiologie nicht nur präzise Diagnosen und beobachtet Krankheitsverläufe, sondern bietet ein breites Spektrum minimal-invasiver Therapien, von der Gewebeentnahme über die lokale Tumortherapie bis hin zur Schlaganfallbehandlung an.

Prof. Dr. Michael Uder, Direktor des Radiologischen Instituts am Uniklinikum Erlangen
Herr Professor Uder, Herr Professor Mack, was zeichnet den Röntgenkongress 2025 besonders aus?
Michael Uder: Besonders wichtig ist uns, dass der Röntgenkongress 2025 von zwei Fachgesellschaften, der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) und der Deutschen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie (DEGIR), gemeinsam veranstaltet wird. Wir bieten interdisziplinäre Formate an, in denen alle Berufsgruppen gemeinsam diskutieren, denn WIR gemeinsam gestalten das Wissen und die Innovation in der Radiologie.
Martin Mack: Ein weiteres zentrales Thema ist die sich wandelnde Rolle der Radiologie in der Medizin. Wir haben uns weiterentwickelt, von einer rein diagnostischen Disziplin hin zu einer integrativen Fachrichtung, die entscheidend in der Patientenversorgung mitwirkt. Die Radiologie ist nicht nur Wegbereiter der Diagnostik, sondern auch aktiv an therapeutischen Prozessen beteiligt. Wir wollen in diesem Kongress aufzeigen, wie weit wir hier bereits sind und welche Schritte noch folgen müssen.
Bedeutet das, dass die interventionelle Radiologie in Klinik und Praxis eine immer größere Rolle spielt?
Michael Uder: Absolut. Die Radiologie ist längst mehr als nur eine diagnostische Disziplin. Viele Patienten kommen nicht mehr nur mit der Frage nach einem Bildbefund, sondern erwarten ebenfalls eine konkrete Behandlungsempfehlung.
Martin Mack: Ja, und das betrifft sowohl die Klinik als auch die Praxis. Interventionelle Eingriffe werden zunehmend ambulant durchgeführt. Patienten profitieren davon, dass wir die Ursache ihrer Beschwerden gezielt behandeln können, sei es durch Medikamentengaben oder minimalinvasive Verfahren. Es ist wichtig, dass wir diesen therapeutischen Ansatz weiterentwickeln und in der medizinischen Gemeinschaft fest verankern.
Aufgrund des hohen Technisierungsgrads kam der Radiologie immer eine Vorreiterrolle zu. Die aktuelle Entwicklung mit KI sehen die Radiologen immer noch sehr skeptisch. Weshalb ist das so?
Martin Mack: Die Digitalisierung schreitet in der Radiologie in hohem Tempo weiter voran und KI wird definitiv eine große Rolle spielen. Vor zehn Jahren sprach der Physik-Nobelpreisträger von 2024, Geoffrey Hinton, noch davon, „Radiologen würden schon bald durch KI ersetzt werden“. Doch in der Praxis hat sich gezeigt, dass kaum ein KI-System bisher zuverlässig in den klinischen Alltag integriert wurde. Die Herausforderung liegt darin, dass viele KI-Systeme für sehr spezifische Aufgaben trainiert wurden, aber komplexe Diagnostik nach wie vor die Expertise von Radiologen benötigt.
Michael Uder: KI wird aber unverzichtbar, um die steigende Arbeitslast zu bewältigen. Es geht nicht darum, Krankheiten zu identifizieren, sondern viel mehr darum, Patienten ohne Befund schnell und effizient zu erkennen. Zudem sind viele moderne Scanner bereits mit KI ausgestattet, um die Bildqualität zu verbessern oder Untersuchungen zu automatisieren. Wir müssen die KI-Technologien gezielt einsetzen, um den Arbeitsalltag zu erleichtern, anstatt sie als Bedrohung zu betrachten.
Gibt es im Bereich der Arbeitsgestaltung neue Konzepte, um den Beruf attraktiver zu machen?
Michael Uder: Ja, wir diskutieren Themen wie die Vier-Tage-Woche und eine effizientere Arbeitsverteilung, um den Nachtdienst zu entlasten. Es geht darum, eine gute Balance zwischen hoher Produktivität und Arbeitszufriedenheit zu finden. Der Nachwuchs in der Radiologie steht zunehmend vor der Entscheidung, ob sie sich für eine Karriere in der Klinik oder in der Praxis entscheiden. Wir wollen beide Bereiche attraktiver gestalten, indem wir flexible Arbeitsmodelle etablieren.
Martin Mack: Besonders die Nachwuchsgewinnung ist essenziell. Wir müssen darauf achten, dass die Arbeitsbedingungen attraktiv bleiben, damit wir auch in Zukunft genug Radiologen und MTRs haben. Die jüngeren Generationen legen Wert auf eine gute Work-Life-Balance und darauf müssen wir als Fachgemeinschaft reagieren.
Gibt es Herausforderungen durch den Einfluss von Private Equity in der Radiologie?
Martin Mack: Der Trend geht dahin, dass große Investorengruppen vermehrt radiologische Praxen aufkaufen. Das kann für Praxisinhaber attraktiv sein, aber langfristig stellt es eine Herausforderung für die Patientenversorgung dar. Wenn Investoren nur auf kurzfristige Gewinne aus sind, kann es passieren, dass ganze Versorgungsstrukturen gef.hrdet sind.
Michael Uder: Die Grenzen zwischen Klinik und Praxis verschwimmen ohnehin zunehmend. Die Krankenhausreform führt dazu, dass mehr ambulante Leistungen in Krankenh.usern angeboten werden. Das stellt uns vor neue Herausforderungen, bietet aber auch Chancen für eine bessere Patientenversorgung. Es ist entscheidend, dass wir diesen Wandel aktiv mitgestalten und frühzeitig an L.sungen arbeiten.
Was erwarten Sie von der Industrie, insbesondere von den Herstellern radiologischer Geräte?
Michael Uder: Wir brauchen Geräte, die einfach zu bedienen sind, höchste Bildqualität liefern und remote steuerbar sind. Zudem müssen sie zuverlässig funktionieren.
Martin Mack: Ein weiteres Problem ist der Service. Ersatzteile und Reparaturen verz.gern sich, weil alles nur noch „just in time“ produziert wird und anscheinend auch in den Unternehmen das Fachpersonal knapp wird. Das kann sich in Zukunft zu einem ernsthaften Problem entwickeln. Die Industrie muss hier verst.rkt in nachhaltige Service- und Wartungskonzepte investieren, die sich die Radiologie leisten kann. Aber wenn der Kostendruck weiter steigt, und wir 40% weniger für eine radiologische Untersuchung bekommen, müssen wir irgendwo einsparen.
Welcher Gedanke für den Röko 2025 liegt Ihnen besonders am Herzen?
Michael Uder: Wir möchten klarstellen: Die Radiologie ist eine therapeutische Disziplin. Das ist ein Kernanliegen unseres Kongresses und wir wollen in der Politik sowie gegenüber den Kostenträgern dafür werben, dass die Radiologie nicht nur Diagnostik ist, sondern für viele Patienten eine primäre Anlaufstelle zur Behandlung bietet. Die Zukunft der Radiologie liegt in ihrer Vielseitigkeit und unser Ziel ist es, dieses Bewusstsein zu stärken und in konkrete Konzepte zu überführen.
Martin Mack: Das kann ich nur unterstreichen.
