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PD Dr. Mirjam Gerwing ist seit einem Jahr die Präsidentin der Rheinisch Westfälischen Röntgengesellschaft (RWRG). Auf dem Radiologiekongress Ruhr (RKR) in Dortmund sprach Sonja Buske mit ihr über Herausforderungen, Schwerpunkte und Zukunftspläne. 

Ein Jahr im Amt – Welches Fazit ziehen Sie bisher? 

Ich ziehe ein sehr positives Fazit. Gemeinsam mit dem neuen Vorstand konnten wir neue Kollegen für eine Mitgliedschaft in der Gesellschaft begeistern, haben regionale Events organisiert und dabei neue inhaltliche Impulse gesetzt. Bei den Veranstaltungen der RWRG haben wir ein besonderes Augenmerk auf den regionalen Austausch sowie die Einbindung von jüngeren und vermehrt weiblichen Referierenden gelegt. Mir gefällt zudem die angenehme Diskussionskultur, auch bei kontroversen Themen.

PD Dr. Mirjam Gerwing: „Wir müssen in der Radiologie Lösungen finden und neue Ansätze ausprobieren, die den organisatorischen und wirtschaftlichen Herausforderungen gerecht werden, ohne, dass der Spaß an der Arbeit verloren geht.“

Der RKR hat in diesem Jahr den Fokus auf die muskuloskelettale Bildgebung gelegt. Wie kam es zu diesem Schwerpunkt? Ist der Bedarf oder das Interesse an dem Thema besonders hoch?

Es war mir ein Anliegen, das Kongressprogramm interessant und relevant für alle Radiologen zu gestalten, unabhängig davon, ob deren Tätigkeitsort die Universitätsklinik oder die Praxis ist. Muskuloskelettale Bildgebung ist von zentraler Bedeutung in unserem Fach. Das mit der Arbeitsgemeinschaft MSK der Deutschen Röntgengesellschaft erarbeitete Konzept wurde so gut angenommen, dass wir das Thema sicherlich im nächsten Jahr wieder aufgreifen werden. 

Das Kongressprogramm wurde um neue Formate und Inhalte ergänzt, unter anderem ist es möglich, einen Führerschein für KI zu erwerben. Wie sieht dieser Führerschein genau aus und was versprechen Sie sich davon?

Die Idee für einen KI-Führerschein kam bereits beim letzten RKR auf. Das Thema künstliche Intelligenz ist derzeit omnipräsent, gerade auch in der Radiologie. Zahlreiche Kollegen haben KI-Lösungen bereits getestet oder sogar schon im Arbeitsablauf implementiert. Für viele ist sie dennoch eine Art „black box“. So richtig weiß eben kaum jemand, wie die Algorithmen funktionieren, und worauf man besonders achten muss. Beim KI-Führerschein bekommen die Teilnehmer detaillierte Informationen von Experten zum Umgang mit KI in der Radiologie. Danach ist es wichtig, das Erlernte auch in der Praxis anzuwenden, und sich mit der Thematik kritisch auseinanderzusetzen. 

Das Motto des RKR ist in diesem Jahr „RWRG – regional stark, international vernetzt“. Wie wichtig ist es in der heutigen Zeit für die Radiologie, internationale Kooperationen anzustreben und den Blick in andere Länder zu werfen?

Der Blick über den Tellerrand ist sehr wichtig. Nicht nur viele wissenschaftliche Studien kommen aus dem Ausland, in anderen Ländern wurden auch bereits erfolgreich neue Arbeitsmodelle umgesetzt, die in Deutschland noch nicht so erprobt sind – das wurde beim RKR in der Session des Forums Junge Radiologie deutlich. Nur, wenn wir uns gegenseitig informieren und vernetzten, können wir voneinander lernen und profitieren. Der regionale Austausch allein reicht dafür nicht aus. 

Mit welchen Herausforderungen hat die Radiologie aktuell am stärksten zu kämpfen?

Die Liste ist leider lang. Fachkräftemangel, Mitarbeiterzufriedenheit, die anstehende Krankenhausreform… Wir müssen Lösungen finden und neue Ansätze ausprobieren, die den organisatorischen und wirtschaftlichen Herausforderungen gerecht werden, ohne, dass der Spaß an der Arbeit verloren geht. Dafür muss die Radiologie auch in der Politik sichtbarer werden. Wir sind die Experten für die Bildgebung und bildgesteuerte Therapie, daher muss dieses Aufgabenspektrum auch bei uns bleiben, und nicht in andere Fachrichtungen abwandern. 

Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die steigenden Private Equity-Beteiligungen?

Diese Entwicklung ist meiner Meinung nach nicht mehr aufzuhalten. Wir haben das bereits bei anderen Fachbereichen wie etwa bei den Dialysepraxen in der Nephrologie beobachten können. Während ich aus wirtschaftlicher Sicht Vorteile sehen kann, wie beispielsweise die Reduktion von Anschaffungskosten durch Großaufträge, sollte das Ziel von Optimierungsmaßnahmen radiologischer Praxen und MVZ nicht (ausschließlich) dem finanziellen Interesse dienen, sondern der optimalen Versorgung der Patienten. 

Was ist Ihr persönliches Geheimrezept, um die Arbeit und die vielen zusätzlichen Termine zu vereinbaren? 

Der Schlüssel zum Erfolg ist der Spaß an der Arbeit. Wenn man mit Freude bei der Sache ist, verschwinden die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit.

Bilder: Vorschau- und Headerbild (C) Radiologiekongress Ruhr