In der computergestützten Pathologie geht es unter anderem darum, wie Technologie Spezialisten mit außergewöhnlicher Expertise bei der Befundung unterstützen kann. KI soll in Zukunft den Arbeitsablauf verbessern und die Genauigkeit sowohl bei der Entdeckung von Erkrankungen als auch bei der Diagnose vorantreiben.
Es klingt trivial, aber bevor Künstliche Intelligenz in einem Pathologielabor dabei hilft, aus einer Gewebeprobe einen Befund zu erstellen, braucht es Technik: Spezial-Hardware wie Scanner und spezielle Arbeitsplätze, Software und Schnittstellen, ein ordentliches Netzwerk für hohe Internetgeschwindigkeit und ziemlich viel Speicherplatz.
„Für eine große Pathologie mit einer hohen Durchsatzzahl sprechen wir von siebenstelligen Investitionskosten“, sagt Prof. Dr. Peter Schüffler, Professor für Computational Pathology am Institut für Allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie der Technischen Universität München. Der Bioinformatiker, Jahrgang 1983, weiß, wovon er spricht. Er hat in den letzten zwei Jahren an der Technischen Universität München eine komplett neue Welt erschaffen – eine volldigitalisierte Pathologie. In Deutschland ist das nahezu einzigartig.
Digitale Slides
In den letzten beiden Jahren hat Prof. Schüffler mit seinem Team die technologischen Voraussetzungen geschaffen, um mit künstlicher Intelligenz Gewebe zu analysieren und den Arbeitsablauf der Pathologie digitalisiert.
Eindrücke aus dem Institut für Allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie der Technischen Universität München, (Bilder: Klaus D. Wolf)
Im gesamten Prozess ist die Digitalisierung von Schnittpräparaten durch sogenannte Slidescanner besonders wichtig, denn es sollen Whole Slide Images – kurz WSIs – entstehen.
Am Institut für Allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie an der TU München sorgen acht Scanner für digitale Bildgenerierung. Darüber hinaus wurden geeignete Arbeitsplätze für Pathologinnen und Pathologen sowie ein redundantes, ausfallsicheres Image-Management-System, Schnittstellen zum Laborinformationssystem und genug Speicherplatz beschafft und nahtlos implementiert. Wenn alle Welt von Digitalisierung als Zukunftsthema spricht, ist sie im Institut der Tu München bereits Alltag. Es gibt wenig Vergleichbares in Deutschland.
In den vergangenen zwei, drei Jahren hat Prof. Peter Schüffler Neuland betreten und zahlreiche Kämpfe gekämpft, denn bei der ganzen technologischen Entwicklung kommt die Gesetzgebung kaum hinterher.
Externe Cloud-Lösungen, um die digitalen Bilder zu speichern brauchen viel Speicherplatz. „Da Cloudlösungen momentan rechtlich nicht möglich sind, haben wir Server beschafft, und ich hoffe, dass das nur vorübergehend ist“, so Schüffler. Trotz aller Hürden gehört die Pathologie in München zu den Vorreitern, weil alle relevanten Stellen der TU München und des Klinikums Rechts der Isar das wollen, innovationsoffen sind und personelle sowie finanzielle Ressourcen bereitstellen.
Mit KI zum Primärtumor
Nach der Digitalisierung des Workflows geht es am Institut für Pathologie darum, neben dem hauseigenen Hochleistungscluster auf neuen Rechnern mit modernsten Grafikprozessoren KI-Modelle zu trainieren. Diese sollen künftig Gewebeschnitte analysieren, Vorhersagen zur Prognose oder zum Therapieansprechen generieren oder Objekte quantitativ erfassen können. Allerdings wird es noch dauern, bis die KI gelernt haben wird, verifizierbare und nachvollziehbare Aussagen zu treffen.
Das Ziel lautet, so schnell wie möglich Algorithmen zu haben, die den Pathologinnen und Pathologen auch bei schwierigen Fällen, wie zum Beispiel bei Krebs mit unbekanntem Primärtumor, zu helfen. „Es ist gar nicht so selten, dass Metastasen festgestellt werden, ohne dass der zugehörige Ursprungstumor bestimmt werden kann“, erklärt Schüffler.
Dass KI-unterstützte Befundung in den nächsten Jahren zur Problemlösung beitragen wird, davon davon ist er überzeugt. KI erkennt und kombiniert Muster, die der Mensch mit bloßem Auge nicht sieht. In naher Zukunft wird eine ganze Klaviatur von Algorithmen bereitstehen, die in Pathologielaboren bei der Befundung und für die Therapiewahl durchgespielt werden können.