Wissenschaftliche Forschung sollte nicht im Elfenbeinturm stattfinden. Darüber waren sich die Vortragenden der Session „Research in Radiology: How Much Do We Contribute to Population Health?“ auf dem diesjährigen ECR einig und beleuchteten in ihren Beiträgen, wie unterschiedlich radiologische Forschung zur öffentlichen Gesundheit beiträgt.
Den Anfang machte Privatdozent Dr. Florian Michallek von der Charité Berlin, der sich mit der Frage befasste, welche Rolle klinische Studien für die öffentliche Gesundheit spielen. In seinem Beitrag „Clinical Trials in Radiology: The Impact on Population Health“ behandelte er zwei Schlüsselthemen: CT-Angiographie bei koronarer Herzkrankheit sowie Lungenkrebs-Screening. Michallek konstatierte, dass die kardiologische CT-Angiographie gut geeignet sei, um unnötige Katheterisierungen zu reduzieren. Die nichtinvasive CT-Bildgebung erwies sich in zahlreichen Studien als ähnlich effektiv wie die invasiven Methoden zur Identifizierung signifikanter Stenosen in den Koronararterien. Demnach können Radiologen ihren Patienten eine weniger invasive Untersuchungsmethode anbieten, ohne Kompromisse bei der Diagnosegenauigkeit eingehen zu müssen.
Zudem vermeldete Michallek, dass das Lungenkrebs-Screening, insbesondere durch den Einsatz von Niedrigdosis-CT, gute Ergebnisse bei der Senkung der krebsspezifischen Sterblichkeit und Früherkennung liefert. Wichtig sei außerdem eine frühzeitige Diagnose und Behandlung von Lungenkrebs, denn das verbessere die Prognose und Überlebensraten der Patienten, so Michallek. Derlei Erkenntnisse leisten einen wichtigen Beitrag, wenn es um die Entwicklung von Screening-Programmen und letztlich eine bessere Gesundheitspolitik geht. Weiterhin zeigen sie den wichtigen Einfluss radiologischer Studien auf die öffentliche Gesundheit.
„Die Auswertung hochwertiger Daten führt zu bessren klinischen Entscheidungen“
Monika Hierath, Director of European and International Affairs at the European Society of Radiology, Executive Manager at the European Institute for Biomedical Imaging Research, Wien, Österreich, warf in ihrem Vortrag „EU-Funded Radiology Research: What Can We Expect for the Future?“ einen Blick auf die europäische Forschungslandschaft. Sie gab einen Überblick über aktuelle und zukünftige Schwerpunkte der radiologischen Forschung in Europa, die durch EU-Mittel gefördert werden. Hierath stellte verschiedene Initiativen und Projekte vor, die sich mit Themen wie Krebsvorsorge, der Anwendung von KI in der Radiologie sowie der Verbesserung von Bildgebungstechniken befassen. Ein besonderer Fokus lag dabei auf der KI-Nutzung, die das Ziel hat, die Diagnose und Behandlung von Krebserkrankungen zu verbessern.
Die Europäische Krebsbildgebungsinitiative ist für Hierath von zentraler Bedeutung, da sie qualitativ hochwertige Daten für Forscher und Innovatoren zugänglich macht. „Wir hoffen, dass dies zu präziseren und schnelleren klinischen Entscheidungen führt“, so ihre geäußerte Hoffnung. Der Vortrag unterstrich die Bedeutung einer multidisziplinären Zusammenarbeit und zeigte, dass Forschungsergebnisse in der Radiologie langfristig genutzt werden müssen.
„Hochwertige Forschung erfordert eine umfassende Ausbildung“
Den letzten Vortrag der Session hielt Michail E. Klontzas, Chief Resident des Radiology-Residency-Programms am University Hospital in Heraklion, Griechenland. In seinem Beitrag „The RTF Perspective on Radiology Research and Population Health“ fokussierte er sich auf die Frage, warum es wichtig ist, Radiologen auf hochwertige Forschung vorzubereiten. Klontzas erinnerte daran, dass dazu eine solide Ausbildung erforderlich ist. Er gab einen Überblick über die Aktivitäten des Radiology Training Forums (RTF) der European Society of Radiology, das sich für die Bedürfnisse und die Vernetzung von Assistenzärzten einsetzt. „Unsere Bemühungen im RTF können die Richtlinien der ESR beeinflussen und somit den Ausbildungs- und Ideenhorizont der Radiologen der Zukunft gestalten“, sagte Klontzas. Abschließend betonte er die anhaltend hohe Bedeutung der Einbindung von Radiologen in die Forschung, insbesondere im Hinblick auf Ausbildung und Arbeitszufriedenheit, und dass dies zur Gesamtverbesserung der Gesundheitsversorgung beiträgt.
Es steht außer Frage, dass die radiologische Forschung einen bedeutenden Beitrag zur öffentlichen Gesundheit leistet. Die vorgestellten klinischen Studien und EU-geförderten Forschungsprojekte zeigen, dass die KI-Anwendung in der Radiologie zunehmend an Bedeutung gewinnt. Um jedoch erstklassige Forschung zu betreiben, ist eine hochwertige Ausbildung von Radiologen erforderlich. Insgesamt vermittelten die Vorträge ein eindrückliches Bild des signifikanten Einflusses der Radiologie auf die Entwicklung der Gesundheitspolitik und die Behandlung von Patienten.
Miriam Mirza